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© Barbara Henrike Schuhrk 2018
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Ein Flugzeug zwischen München und Köln. Hitze, die Klimaanlage defekt, eine Stimme. Beim Blick nach hinten sofortige Sympathie: Eine Dame mit Ausstrahlung, Gelassenheit. Das Leben hinterließ Spuren in ihrem Gesicht, Spuren von Traurigkeit und dennoch - Stärke. Isabel Mühleisen (56) aus Hennef beginnt von ihrem Leben zu erzählen. Familienglück. Dann der plötzliche Tod ihres einzigen Sohnes, Zusammenbruch. Und dann das Leben nach dem Tod - Signale von Drüben. Keine Spinnerin in Wallegewändern - Worte einer Dolmetscherin, die im Management arbeitete, mit beiden Beinen auf dem Boden steht. Ein Gespräch, das weitergehen sollte und nachdenklich stimmte und ein Besuch in Hennef.
ISABEL MÜHLEISEN: „ICH KANN WIEDER LACHEN - NICHT IN DUR, ABER IN MOLL!”
Leben nach dem Tod - ein ewiges Rätsel. Papst Johannes Paul II. erklärte es im vergangenen Oktober so: „Es herrschen ganz besondere Bedingungen nach dem natürlichen Tod. Eine Übergangsphase, in welcher der Körper sich auflöst und das Weiterleben eines spirituellen Elementes beginnt. Dieses Element ist ausgestattet mit einem eigenen Bewußtsein, einem eigenen Willen und zwar so, daß der Mensch existiert, obwohl er keinen Körper mehr besitzt.“ Beweise zu suchen ist schwer - und dennoch möglich. Franks Tennisschläger hängt dort, wo er ihn einst hingehängt hat, seine Bücher stehen im Regal. Nur Frank ist nicht mehr da. Am 17. Mai 1991 geschah für Isabel und Klaus Mühleisen (60) das Schlimmste, was Eltern sich vorstellen können: Ihr einziger Sohn starb an einem Gehirntumor, einem unheilbaren Glio Blastom, 17 Jahre alt. „Bis dahin führte ich ein sorgenfreies, wunderbares Leben," so Isabel Mühleisen. „Plötzlich wurde unser Kind uns innerhalb von nur fünf Wochen genommen. Nie zuvor war er wirklich krank gewesen, er war gesund, fit, Tennis-Fan, ein Tänzer und wirklich intelligent.“ DANN DER FALL INS BODENLOSE: „Ich stand kurz davor irre zu werden oder mich umzubringen“, gesteht Isabel Mühleisen heute. „Die Verantwortung gegenüber der trauernden Sheila, Franks Hund, hielt mich ab.“ An die Zeit nach Franks Tod kann sie sich nur schwer erinnern. Weiß nicht, was sie gefühlt hat, was sie getan hat. Sie hat weitergelebt, existiert zumindest, irgendwie. Heute hat die Diplom-Dolmetscherin ihr Leben wieder im Griff: Das Kinderzimmer ist ihr Büro, der Computer läuft, das Telefon klingelt und sie engagiert sich für Menschen, denen gleiches oder ähnliches Schicksal widerfuhr. Sie kann wieder lachen: „Nicht mehr in Dur, aber in Moll.“ Laut und herzhaft in jedem Fall. Denn Frank ist bei ihr. Sie reden miteinander, sie fühlen sich. „Früher dachte ich „Zufall“, wenn etwas geschah. Heute weiss ich, daß vieles vorherbestimmt ist. Daß die Menschen aus der „Geistigen Welt“ uns helfen. Und das ist der Weg, den ich gehe. Anfangs nur stolpernd, zögernd, doch heute mit festem Schritt.“ „Auch mit Gott habe ich mich versöhnt. Früher ging es mir so gut, daß ich nicht an Gott glauben „mußte“. Dann war da diese grausame Krankheit, Franks Tod und ich dachte, wenn er so gut sei - warum tue Gott mir das dann an? Inzwischen bat ich ihn um Verzeihung. Mein Frank ist bei ihm und ich glaube, jeder hat auf Erden seine persönliche Hölle zu durchstehen, bevor er in die Geistige Welt, zu Gott darf, in der Wärme und bedingungslose Liebe herrscht!“ Die erste Hilfe war eine Selbsthilfegruppe. Dort traf Isabel Mühleisen eine Frau, die über englische Medien Kontakt mit ihrem verstorbenen Kind aufgenommen hatte. „Sie erklärte mir, daß es unseren Kindern gut ginge - ich war wie versteinert. Doch dann schöpfte ich Hoffnung und machte in Deutschland einen Termin mit diesem Medium. Parallel hatte mich eine Freundin aus London eingeladen, sie habe eine Überraschung für mich. Also buchte ich für den selben Tag einen Flug nach London. Es war der 31. August 1991, der Tag, der mir mein erstes Lächeln wiederbrachte.“ Der Beginn eines Lebens „nach Frank“. „Ich wollte dem Medium sofort von meinem Sohn erzählen, doch sie hieß mich zu schweigen. Denn hinter mir stünde ein junger Mann, deute auf seinen Kopf. Er habe einen Tennisschläger dabei, spräche von furchtbaren Schmerzen und fünf Wochen.“ Nach der zweiten Operation innerhalb von fünf Monaten hat Frank nur noch fünf Wochen gelebt. „Dann beschrieb sie Frank, seinen Arzt und wußte, daß er fünf Sprachen sprach,“ erinnert sich Isabel Mühleisen, als wäre es gestern gewesen. Das Medium beschrieb Franks’ Ambitionen, den Verlauf seiner Krankheit, die letzten Momente zwischen Mutter und Sohn. „Sie wußte, daß der Tumor über dem linken Ohr saß. Ich war glücklich und verwirrt, habe geweint und gelacht, war erleichtert und skeptisch.“ Vielleicht, so überlegte sie, habe jemand dem Medium ja etwas verraten - um zu helfen. SIE WOLLTE BEWEISE. MEHR BEWEISE. Die Überraschung: Ihre Freundin hatte einen Termin beim SAGB (Spiritual Association of Great Britain) für sie arrangiert - das zweite „Treffen“ mit Frank, mit einem anderen Medium. „Da meine Freundin den Termin unter ihrem Namen gebucht hatte, man weder meinen Namen, meine Nationalität noch sonst etwas von mir wusste, war ich gespannt auf weitere Beweise.“ Wieder Nachrichten von Frank, wieder Worte, die sagten „Ich lebe, Mutti!“ Auch dieses Medium wußte Dinge, die niemand wissen konnte: Daß Frank in einer der letzten Krankenhausnächte, in der nur die Mutter bei ihm war, plötzlich um einen Apfel bat, sogar, wie sie am Sterbebett die Hand ihres Kindes hielt, konnte das Medium beschreiben. Es wußte, daß Isabel Mühleisen - als sie allein war - sich im Gebet wünschte, daß Frank wenigstens nicht leiden möge, wenn er sterben müsse. „Ich bin ein Realist, auch zwangsläufig mißtrauisch. Trotz aller Beweise wollte ich mehr, war fassungslos.“ Isabel Mühleisen buchte drei Termine bei Medien in London - mit ähnlichen Ergebnissen. „Das dritte Medium wies auf mein T-Shirt und meinte „Der Junge sagt, ihm stehe es besser.“ Es war tatsächlich Franks’T-Shirt! Das Medium wußte gar zu berichten, daß Isabel Mühleisens Mutter da sei, daß sie 7 Jahre 10 Monate und 4 Tage auf ihren Enkel gewartet hätte. „Später habe ich nachgerechnet. Genau diese Spanne liegt zwischen den beiden Todestagen,“ so Isabel Mühleisen. Sie lacht. „Auch ganz banale Dinge beweisen, daß Frank bei mir ist. Neulich telefonierte ich mit einem Medium. Sie sagte mir, Frank sei da, habe ihr gesagt, ich solle in den Keller gehen - die Waschmaschine lecke. Ich erwiderte, daß dies gar nicht sein könne. Sie bestand darauf. Also ging ich hinunter - und unter der Waschmaschine war eine Wasserlaache.“ „Ich konnte damals plötzlich wieder freier atmen, hatte ich doch meinen Frank nicht verloren, nicht wirklich. Er ist in der „Geistigen Welt“ und immer bei mir. Es geht ihm gut, er hat keine Schmerzen mehr, kann das tun, was er möchte. Und ich fühle ihn.“ Ihr Mann Klaus (60) war zunächst äußerst skeptisch, ist aber zunehmend überzeugt, daß es da etwas gibt, „zwischen Himmel und Erde“. Noch mehrmals besuchte sie die englischen Medien, wurde gar gebeten, bei einer Seminarwoche als Dolmetscher zu fungieren. England. Mein Leben ging weiter, ich bekam wieder Kraft, begann mein Leben und mein Schicksal zu akzeptieren.  Dann - 1992 - sagte mir ein Medium, daß ich meinen Beruf zwei Jahre später aufgeben, für die „Geistige Welt“ arbeiten werde. Ich glaubte das nicht - doch im Zuge der Rationalisierung wurde meinem Chef und auch mir gekündigt." In Hennef gründete sie den Spiritual Help Service: „Ich möchte den Menschen die Möglichkeit geben, hier in Deutschland oder der Schweiz ein wirklich ehrliches Medium aufzusuchen, denn ich sehe das als eine große Lebenshilfe an. Schließlich habe ich es selbst erlebt - weiß, das mein Leben wieder ein Leben geworden ist.“ Dafür holt Isabel Mühleisen englische Medien nach Deutschland, reist mit anderen nach London. Inzwischen übersetzte sie gar ein Buch zu diesem Thema und zu Franks Geburtstag im Dezember erscheint ein spezielles Magazin. „Ich möchte den Menschen einen Weg aus dem Dunkel der Verzweiflung, der tiefsten Trauer, aber auch des Selbstmitleides zeigen, denn unsere Lieben sind uns einen Schritt voraus - aber sie leben und sind glücklich, wenn wir darum wissen,“ beschreibt Isabel Mühleisen ihr Handeln. „Natürlich vermisse ich Frank unendlich, kann ihn in dieser Welt nicht mehr in die Arme nehmen, aber ich bin ihm so nah und verbunden, wie ich es immer war. Er erwartet uns.“ Eine Nachricht, die das Elternpaar immer wieder erhält: „Dein Lächeln, dein Lachen macht mich glücklich, denn ich bin immer in deiner, in eurer Nähe. Wir, die wir euch einen Schritt voraus sind, in einer anderen Welt, warten auf euch, denn Zeit ist kein Faktor für uns. Liebe ist das Band, welches uns verbindet, jetzt und in der Ewigkeit.“„Mein Verstand sagt mir manchmal noch immer, daß es das nicht gibt. Aber die Beweise sprechen dagegen,“ sagt Isabel Mühleisen nachdenklich. „Dinge, die außer Frank und mir niemand wissen kann - der letzte Satz den Frank sprach, die letzte Umarmung, wie ich ihn in den Armen hielt. Und es tut mir gut, daran zu glauben - es hält mich am Leben!“ Barbara Schuhrk FRANK HAT SIE ERWARTET UND SIE IST GEKOMMEN: ISABEL MACHTE SICH AM 5. FEBRUAR 2002 AUF DEN WEG ZU IHREM SOHN, UM IHN WIEDER RICHTIG IN DEN ARMEN ZU HALTEN: ICH VERMISSE SIE; SIE IST NICHT MEHR BEI UNS - ABER SIE IST GEGENWÄRTIG!
Isabel Mühleisen (rechts) und Barbara Henrike Schuhrk
DAS LEBEN WÄHRT EWIGLICH UND LIEBE IST UNSTERBLICH DER TOD IST NUR EIN HORIZONT EIN HORIZONT NICHTS ANDERES ALS, DIE GRENZE UNSERER SICHT DER DINGE (blue hole, dahab)